München, 11.07.2012

Methylenglycol/Formaldehyd in Mitteln zur Haarglättung - Neue Stellungnahme des SCCS


Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit, öffentliche Gesundheit und Umwelt der Europäischen Kommission (kurz SCCS) veröffentlichte eine Stellungnahme zu Methylenglycol und deren Sicherheit in Haarglättungsprodukten. Im Unterschied zu vielen anderen Risikobewertungen wird hier nicht nur die direkte Exposition des Stoffes über die Haut, sondern auch die Exposition der Freisetzungsprodukte über die Atemwege bewertet.

Methylenglycol (INCI: Methylene Glycol) selbst ist die hydratisierte Form von Formaldehyd und steht mit diesem in einem instabilen chemischen Gleichgewicht. Bei Erhitzen oder Verdampfen kann daher Formaldehyd in die Umgebungsluft freigesetzt werden. Dies findet bislang in der Kosmetikverordnung (EG) 1223/2009 noch keine Berücksichtigung. Lediglich für Formaldehyd selbst gibt es Höchstmengen für den Gehalt in Nagelhärtern (5 %) oder als Konservierungsmittel in sonstigen kosmetischen Mitteln (0,1-0,2 %). Das SCCS stellte nun fest, dass Methylenglycol als Formaldehydäquivalent bezeichnet werden kann.
Im Rahmen mehrerer Studien wurden Anwendungsszenarien untersucht, wie sie in Friseursalons, aber auch bei häuslicher Anwendung, auftreten können. Im Ergebnis kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Konzentration an freigesetztem Formaldehyd in der Raumluft dabei zum Teil deutlich über den Wert ansteigen kann, der von der WHO für Innenraumluft empfohlen wird (0,08 ppm). Durch Inhalation ist insbesondere das Personal betroffen, das regelmäßig und über einen längeren Zeitraum erhöhten Formaldehydwerten ausgesetzt ist. Neben vorüber-gehenden Effekten wie Irritationen der Augen oder der Nasenschleimhäute kann auch die Entstehung von Krebs im Nasen-Rachenraum nicht ausgeschlossen werden. Damit ist eine Verwendung von Formaldehydäquivalenten selbst im Rahmen der zulässigen Höchstmenge speziell bei Haarglättungsmitteln nicht sicher.
Ähnliche Szenarien wurden auch bei der Bewertung von Bedarfsgegenständen aus dem Kunststoff Melaminharz durchgespielt (BfR 012/2011). Melamin, das aus Formaldehyd und dem Monomer Melamin hergestellt wird, setzt bei Temperaturen über 70 °C ebenfalls Formaldehyd sowie Melamin frei. In der Konsequenz wird empfohlen, diese Gegenstände nicht als Kochgeschirr zu verwenden. Entsprechende Hinweise finden sich nun vermehrt auf diesen Produkten.
Bezüglich Methylenglycol muss nun der Gesetzgeber im nächsten Schritt über das weitere Vorgehen entscheiden. Denkbar sind eine Beschränkung der Verwendung und die Formulierung strikter Anwendungsbedingungen und Warnhinweise.


SCCS (2012): Opinion on Methylene Glycol

Zur Stellungnahme